Umwerfender Lachmesse-Abend von Österreicher Klaus Eckel

Pressestimme zum Programm 'Alles bestens, aber...'

Leipziger Nachrichten vom 19.10.2010

Klaus Eckels Timing ist brutal. Während Kollegen wie Hagen Rether oder Urban Priol die Bremse nicht finden und bei der Schussfahrt durch die Drei-Stunden-Grenze trotz aller Brillanz ermüden, macht der Österreicher nach 100 Minuten Schluss und verzichtet auf Zugaben-Mätzchen ("Ich geh nicht ständig hinter den Vorhang, da kenn ich eh keinen"). Dabei könnte man dem Lachmesse-Preisträger von 2006 viel, viel länger fasziniert und strahlend zuhören, auch am Dienstag im mittelvollen Central Kabarett.

Mehr noch: Man möchte den Rat der Lachmesse einberufen und die eherne Regel zur Debatte stellen, der "Leipziger Löwenzahn" dürfe nur einmal an denselben Künstler vergeben werden. Man möchte das Gesetz verabschieden, im ursprünglichen Sinn.
Diese gewisse Sympathie zum Ursprünglichen, eingehakt mit kindlich-naiver Sichtweise, ist es, was die Kunst des jungenhaften 36-Jährigen auch in seinem jüngsten Programm "Alles bestens, aber ..." zur Besonderheit macht. Klaus Eckel befreit das selbstverständlich Gewordene von allgemeiner Gedankenlosigkeit, schickt die Gewohnheiten vor die Tür und zwingt seine Zuschauer, neu nachzudenken. Manchmal über banale Dinge, manchmal über Grundlegendes. Wo war die Küchenschabe vor der Erfindung der Küche? Warum können wir nicht einfach die Zeit, die für Ausbeutung und Knappheit ihrer selbst sorgt, abschaffen - also alterslos sein, mit 87 noch Geschichte studieren um bald zu merken, dass es die eigene ist? Warum muss man immer mehr Geburtstagskerzen ausblasen, je weniger Luft man hat? 
Eckel transportiert die Chaostheorie in die Postmoderne: Hier kommt die wahre Bedrohung der Gesellschaftsordnung aus der Tücke omnipräsenter Dauerbeschallung. Pullover-Anprobe zum Gequieke von Lady Gaga, dümmliches Rummtata auf der Skihütte, die telefonische Warteschleife ertragen mit Beethovens "Pour Elise" in Panflöten-Version - nirgends gibt es Sicherheit vor dem Phon-Müll des Alltags.
Zwischen seine hinreißenden Fragen und saukomischen Erzählungen sprenkelt der Kabarettist kurze pointierte Lieder ein, um dann flugs die nächsten Fässer aufzumachen: Seine Ex-Freundin bittet er mit Blick auf die nächste Beziehung um eine positive Internet-Bewertung, er möchte Feinde auf Facebook hinzufügen und wundert sich, warum weltweit auf jeder Supermarkt-Waage die Taste 1 immer den Bananen gehört. 
In charmanter bis lausbubenhafter Manier und mit bestechender Prägnanz ruft Eckel die Revolte gegen Konventionen der Wahrnehmung aus, zweifelt Allgemeingültiges an und zwingt Logik in ungewohnte Zusammenhänge. So kommen in der Eckelschen Mathematik Rechenbeispiele auf den Tisch, in der die Fantasie genialisch triumphiert: Ob nun der Fuchs Gänsehaut bekommt, wenn er sich fürchtet, müssen wir offen lassen. Unzweifelhaft ist dagegen: Selbst wenn es Eckel gelänge, die Zeit abzuschaffen - dieses Programm ist und bleibt auch gefühlt zu kurz.